ABB Kinderferienhaus Schwarzwald
Schapbacher Legenden
1938 in Schapbach noch keine 50 Meter vom späteren Kinderferienhaus entfernt geboren, macht er nach der Schule in seinem Heimatort eine Lehre als Säger. Genau genommen: Als Gattersäger. Als Arbeiter an einer jener Maschinen also, die mit mehreren Sägeblättern in einem Arbeitsgang Baumstämme in Bretter verwandeln. Unmittelbar nach dem Abschluss seiner Lehre, im April 1956, wechselt er für einen Wochenlohn von 50 Mark brutto als „Haus- und Gartengehilfe“ ins gerade gegründete BBC-Kindererholungsheim. „Nicht ganz freiwillig“, wie er heute lachend erzählt, „aber schon mein Großvater und mein Vater haben im ‚Schlössle’ als Verwalter gearbeitet, da war ich gewissermaßen schon fest eingeplant.“ Karl jun. gehorcht, aber er murrt, „denn im Schlössle hab’ ich nur die Hälfte verdient wie im Sägewerk.“ Er murrt mit Erfolg: Bereits nach sechs Wochen bekommt er die erste Gehaltserhöhung, 50 Mark netto statt brutto. Immerhin. Fünf Jahre später verschlägt es eine gewisse Erika Dupke ins Schlössle. Die damals 20-Jährige war von Stettin aus über Mecklenburg-Vorpommern nach Mannheim gekommen, wo sie eine Ausbildung zur Erzieherin absolviert und dabei Kontakte zu BBC schließt. Hausgehilfe Armbruster holt sie am Bahnhof in Hausach ab. „Sie trug damals ein lilafarbenes Kostüm“, erinnert er sich noch heute und lächelt vielsagend. Fräulein Dupkes Erinnerungen sind dagegen weniger gut: „Hier bleib‘ ich nie und nimmer“, denkt sie, als sie zusammen das tief eingeschnittene Wolftal hinauf nach Schapbach fahren.
Gekannt, geschätzt, geliebt
Das Schicksal will es anders: Erika und Karl lernen sich schnell kennen, rasch schätzen und bald lieben. Nur anderthalb Jahre später wird Hochzeit gefeiert, gut drei Monate danach kommt Tochter Karin zur Welt – in Schapbach gehen die Kuckucksuhren manchmal doch etwas anders. Es soll nicht die einzige kleine Armbruster bleiben: 1967 folgt die heutige Hausherrin Heike, 1971 die Zwillinge Anke und Ruth. An die ersten Jahre im Erholungsheim erinnern sich beide nicht mehr allzu gern: Die damalige Heimleiterin Martha Gebhardt führt ein ausgesprochen strenges Regiment, auch den Mitarbeitern gegenüber. „Zwei Wochen Urlaub im Jahr, mehr war nicht drin“, erzählt Karl Armbruster, „und die gingen meist auch noch für die Nebenerwerbslandwirtschaft drauf.“ Die Kinder? Die haben oft Angst vor der Leiterin. „Wenn Du nicht parierst, kommst Du nach Schapbach“, soll ein geflügeltes Wort von BBC-Mitarbeitern gegenüber ihrem Nachwuchs gewesen sein. Für die Armbrusters steht damals fest: „Wenn wir hier je wirklich etwas zu sagen haben sollten, dann wird sich einiges ändern.“ Und es ändert sich in der Tat einiges, als sie 1973 gemeinsam die Leitung des Ferienhauses übernehmen. Nicht nur dass sie schnell Hand anlegen, Bäume roden, Spielplätze anlegen. Vor allem ändert sich der Umgang mit den Kindern: Aus Zöglingen, die es in erster Linie nahrungstechnisch aufzupäppeln galt, werden kleine Individuen, denen man mit Achtung und Respekt begegnet – eine Haltung, die man in Schapbach noch heute erlebt und die in hohem Maße von der ausgeprägten Warmherzigkeit einer Erika und eines Karl Armbruster geprägt wurde.
Auftakt mit 20 kranken Kindern
An eine der ersten Kuren denken die beiden allerdings nur mit Grausen zurück: „Da lagen gleich 20 Kinder mit Masern im Bett“, erzählt Armbruster. Auch in den Jahren danach kann der Landarzt im benachbarten Bad Rippoldsau nicht über mangelnde Auslastung klagen: Masern, Mumps und Scharlach sind an der Tagesordnung. Heutzutage sind diese Kinderkrankheiten weitgehend verschwunden. Was das Schönste in all den Jahren gewesen sei? „Ach wissen Sie“, schmunzeln Erika und Karl Armbruster zufrieden, „da gab es so viele schöne Dinge, dass man kaum eines herausheben mag.
Allein schon wenn einem die Kinder zum Geburtstag ein Ständchen brachten, dann ging einem immer wieder das Herz auf. “Erzieherin scheint bei den Armbrusters in den Genen verankert zu sein. Tochter Heike, heute 52, erlernt den gleichen Beruf. Nach 13 Jahren im Kinderferienhaus übernimmt sie 2001 die Leitung – und führt die Einrichtung seither im Sinne ihrer Eltern und mit großem Erfolg fort. Seit mehr als zehn Jahren unterstützt sie ihre vier Jahre jüngere Schwester Ruth dabei. Genau so wie die Fünfte im Bunde: Susanne, die aber mit dem „Armbruster-Clan“ weder verwandt noch verschwägert ist. Überraschen darf dies nicht: Von den 2.062 Einwohnern der Gemeinde Bad Rippoldsau-Schapbach heißen nicht weniger als 188 Armbruster. Die Senioren-Armbruster sind heute über 80. Noch immer verfolgen beide mit großem Interesse das Geschehen im Schlössle. Weit haben sie es dorthin nicht, von ihrem Privatquartier sind es gerade einmal 50 Meter. Es ist das Haus, in dem Karl vor 80 Jahren zur Welt gekommen ist.
Erika und Karl Armbruster-Freibad
Die 2006 neu errichtete Sporthalle und das 2012 eröffnete neue Hallenbad sind nach den beiden damaligen Konzerbetriebsratsvorsitzenden der deutschen ABB, Adolf Schmitt und Wilhelm Kuper, benannt. Diese besondere Ehre wurde jetzt auch Erika und Karl Armbruster zu Teil. Für ihre langjährigen Verdienste um das Haus wurde das historische Freibad auf dem Gelände nach beiden benannt.


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