ABB Kinderferienhaus Schwarzwald
Die Geschichte des Schlössle
besonderes Geschenk: 500.000 DM für die „Erholung bedürftiger Kinder von Betriebsangehörigen“. Das Geld sollte angelegt, der Ertrag daraus für diesen speziellen Zweck zur Verfügung gestellt werden. Am 27. Oktober 1950 wird hierfür eine eigene Gesellschaft gegründet, die Kindererholungswerk GmbH (KEW). Das Geschenk aus der Schweiz ist hochwillkommen. Noch im gleichen Jahr werden fast 200
Kinder in verschiedenen Erholungsheimen untergebracht. Die „Verschickung“, so der damalige Sprachgebrauch, ist allerdings an eine Bedingung geknüpft: Das Einkommen der Familien, aus denen die Kinder stammen, darf nicht mehr als das Dreifache des örtlichen Fürsorgesatzes betragen. Mit dieser Vereinbarung hatte BBC gegenüber dem Finanzamt erreicht, dass das Kindererholungswerk als „mildtätig“ anerkannt wurde. „Wäre das nicht passiert“, so ein Zeitzeuge, „hätte das Finanzamt von den 30.000 DM Ertrag genau 27.000 DM für die Steuer kassiert. Die gute Einrichtung wäre ein Opfer des Fiskus geworden.“
Kinderheim statt Vorstandsvilla
Das Erholungsheim in Schapbach gibt es in diesen ersten Jahren noch nicht. Die Kinder werden stattdessen zunächst ausschließlich in Heimen anderer Betreiber innerhalb Deutschlands untergebracht. Durch einen glücklichen Zufall sollte sich dies aber bald ändern. Dr. Hans Leonhard Hammerbacher, von 1945 bis 1958 Vorstandsvorsitzender von BBC, hatte bereits vor dem Krieg das Schlössle in Schapbach erworben: Ein herrschaftliches Anwesen an einem Südwesthang hoch über dem Wolftal, umgeben von einem sechs Hektar großen, parkähnlich angelegten Garten. Hammerbacher hat jedoch nicht lange Freude an seinem Besitz. Beim Zusammenbruch Deutschlands 1945 wird das Schlössle längere Zeit von einem französischen Kommandostab in Beschlag genommen. Nach dessen Abzug wird dort ein erstes Kindererholungsheim eingerichtet, allerdings nicht unter der Regie von BBC. Hammerbacher verliert den Spaß an seinem Schlössle und verkauft 1953 das gesamte Anwesen an BBC bzw. deren Tochtergesellschaft Kindererholungswerk. 40 bis 50 Kinder, so die Vorstellungen des Trägers, sollten dort gleichzeitig Ferien machen können. Dafür ist das Schlössle aber wiederum zu klein. Aus diesem Grund fällt 1955 der Beschluss, ein neues Gebäude zu errichten. In dem bestehenden sollten Aufenthalts- und Wirtschaftsräume Platz finden. Da der Neubau wie das Schlössle 70 Meter hoch über dem Tal liegt, bekommt er den Namen Hohenhaus.
Sechs-Wochen-Kuren zu Beginn
Eingeweiht wird das Hohenhaus am 16. Juni 1956. Nur drei Tage später trifft die erste Gruppe von Kindern ein. Da die Erholungskuren damals sechs Wochen dauern, können im ersten Jahr nur achtmal jeweils 50 Kinder untergebracht werden. 1958 werden die Kuren auf 32 Tage verkürzt. Damit trägt man auch dem Wunsch der Schulen Rechnung, die Kinder nicht allzu lange vom Unterricht fernzuhalten. „Da
wir das Heim in der Zeit vom 3. Januar bis zum 17. Dezember durchgehend in Betrieb haben“, so der Chronist, „ist es erforderlich, mit den zuständigen Schulbehörden in gutem Einvernehmen zu stehen, damit jeweils – soweit notwendig – die Freigabe vom Unterricht erfolgt.“ Und weiter: „Das Heim ‚Hohenhaus’ ist nach neuzeitlichen Gesichtspunkten eingerichtet und gilt im ganzen Schwarzwald
als gut geführtes Kinderheim. Von den einzelnen BBC-Stellen und Tochtergesellschaften werden die Kinder per Bus oder Bahn zum Heim gebracht. Für die Betreuung während der Fahrt sind von der Heimleitung Schwestern vom Deutschen Roten Kreuz vorgeschrieben.“ In den ersten 20 Jahren werden mehr als 13.000 BBC-Kinder zu einer Erholungskur nach Schapbach geschickt. Dennoch reichen die Kapazitäten des Heims nicht aus, um alle angemeldeten Sprösslinge unterzubringen. Aus diesem Grund werden, wie schon zu Beginn der fünfziger Jahre, Kinder auch in fremden Heimen untergebracht. Die Kosten werden
dann, „sofern sie nicht extrem hoch sind“, ebenfalls vom Kindererholungswerk übernommen.
Ärger mit dem Finanzamt
Von den Erträgen der Schweizer Jubiläumsspende kann sich das Kindererholungsheim aber schon bald nicht mehr finanzieren. Bereits 1952 legen die Eidgenossen noch einmal 500.000 DM nach, die deutsche Landesgesellschaft in Mannheim steuert weitere 200.000 DM bei und übernimmt darüber hinaus das jährliche Defizit. Dennoch steht das Kindererholungswerk und damit das Heim in Schapbach 1958 vor dem Aus: Das Finanzamt ist nicht mehr gewillt, den Status „mildtätig“ weiter anzuerkennen. Noch schlimmer: Er wird sogar rückwirkend bis einschließlich 1956 aberkannt, 60.000 DM Steuern müssen nachgezahlt werden. Den Vertretern der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat ist es zu verdanken, dass die Gefahr einer Schließung abgewendet werden kann. Sie bringen in Eigenregie die 60.000 DM für die Nachzahlung auf und verpflichten sich zudem, jährlich 20.000 DM zur Verfügung zu stellen. Dennoch wird es zu Beginn der sechziger Jahre noch einmal kritisch: BBC muss jetzt an das Finanzamt auch noch Lohnsteuer abführen, da es den kostenlosen Erholungsaufenthalt eines Kindes als eine Art Lohn- und Gehaltszuwendung betrachtet. Die BBC-Kasse wird damit in jedem Jahr zusätzlich mit gut 20.000 DM belastet. „Die erzielten Erfolge des Kindererholungswerks lassen sich leider nicht messen“, heißt es in einem Bericht des damaligen Konzernbetriebsrats und KEW-Mitgeschäftsführers Erich Pornschlegel, „es können nur nüchterne Zahlen vorgelegt werden.“ Das Haus werde laufend vom staatlichen Gesundheitsamt
kontrolliert, heißt es in einem Bericht Pornschlegels in einer Gesamtbetriebsratssitzung aus dem Jahr 1974. Außerdem achte das Landesgewerbe-Aufsichtsamt gerade in Kinderheimen besonders darauf, dass alles in Ordnung sei. „Beide Stellen bestätigen uns gute Führung“, so Pornschlegel. Dennoch wird das Kindererholungswerk Ende 1972 aufgelöst, allerdings aus rein formalen Gründen: Durch eine gleichzeitig getroffene Betriebsvereinbarung wird die Einrichtung von der BBC-Konzerngruppe Deutschland weitergeführt.
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